Projekt "Scope3transparent": Interview mit Karsten Schischke

12.12.2022

Treibhausgasemissionen in Lieferketten reduzieren, das ist das langfristige Ziel des Projektes „Scope3transparent“.

Grafik mit dem Logo des Projekte "Scope3transparent". Schrift: "Interview mit Karsten Schischke"

Im Interview erläutert Projektleiter Karsten Schischke, was die Ziele von Scope3transparent sind. Grafik: AfB gGmbH.

Karten Schischke informiert in einem Workshop über das Projekt Scope3transparent. Hinter ihm ist ein Monitor mit Informationen und neben ihm eine Pinnwand mit Notizen aus dem Workshop.

Karsten Schischke bei einem Workshop zu Scope3transparent in Karlsruhe. Foto: AfB gGmbH.

AfB beteiligt sich gemeinsam mit dem Fraunhofer-Institut IZM, Umwelttechnik BW und dem Karlsruher Institut für Technologie (KIT) daran. Was das Projekt genau untersucht, was AfB dazu beiträgt und wie der aktuelle Stand ist, lesen Sie im Interview mit Karsten Schischke, Leiter des Projekts Scope3transparent und Gruppenleiter Product Ecodesign and Circular Materials am Fraunhofer IZM.

Hallo Karsten, kannst du uns den Namen des Projektes erklären?

Die sogenannten „Scope3-Emissionen“ betrachten die Treibhausgasemissionen, die indirekt durch Unternehmen verursacht werden. Also zum Beispiel in vorgelagerten Lieferketten. „Transparent“ deswegen, weil es bislang an genau dieser Transparenz in den Lieferketten fehlt. Für Unternehmen ist es schwierig, herauszufinden, wie sie ihre Klimabilanz in Gänze verbessern können.

Wie will das Projekt die Treibhausgasemissionen in den Lieferketten denn senken?

Zuallererst geht es darum, Daten zu Treibhausgasemissionen zu erheben. Die Maßnahmen, welche Unternehmen auf Grundlage der erhobenen Daten treffen, sind nachgelagert. Wir haben die Erfahrung gemacht, dass diese Daten für verschiedene Interessensgruppen wichtig sind.

Welche Gruppen sind das?

Die erste Zielgruppe sind produzierende Unternehmen. Viele Unternehmen haben mittlerweile ambitionierte Klimaziele. Aber für sie es nicht leicht, herauszufinden, wo ihre Emissionen überhaupt herrühren. Wir schauen also derzeit mit mehreren Pilotunternehmen: Wie sieht die Bilanz eurer vorgelagerten Lieferkette aus? Für die Elektronik-Branche, auf die wir uns fokussieren, ist das sehr aufwendig. Die Lieferketten sind wie ein Brokkoli, extrem verästelt. Entsprechend kompliziert ist es, den Fußabdruck eines konkreten Produktes zu bemessen.

Zweitens: die Politik. Für Maßnahmen, wie zum Beispiel einen CO2-Preis, muss erstmal herausgefunden werden, wie viel CO2 überhaupt wodurch entsteht.

Die dritte Gruppe sind die Endverbraucher. Uns geht es darum, den Fußabdruck von IKT im breiten Bewusstsein zu verankern. Das erreichen wir zum Beispiel durch Repair Cafés. Wir bringen Menschen bei, wie sie ihre Geräte selbst reparieren können und leisten gleichzeitig Bildungsarbeit. Wir waren zum Beispiel auch auf der IFA und haben mit einem 35 kg schweren Rucksack erlebbar gemacht, wie viel CO2 ein Smartphone in puncto Emissionen wiegt. Bei solchen Formaten kommen oft auch Lehrkräfte auf uns zu und übernehmen unsere Inhalte für ihren Unterricht.

Was wir an Erkenntnissen mit diesen drei Zielgruppen gewinnen, geben wir in Schulungen und Workshops weiter. Und wir geben Unternehmen Tipps mit an die Hand, wie sie ihre CO2-Bilanz aufstellen können.

Wie erhebt ihr die benötigten Daten?

Nehmen wir als Beispiel einmal die Leiterplattenfertigung. Hier erfolgt die Herstellung in einer langen Kette von Prozessschritten. Der Hersteller erhält von einem Kunden einen konkreten Auftrag, wie zum Beispiel „vierlagige Leiterplatten in einem bestimmten Format“. Und der Kunde will wissen, welche Emissionen dabei anfallen.

Wir gehen durch einzelne Prozessschritte der enthaltenen Materialien und Rohstoffe und schauen: Wo kann man Prozesse zusammenfassen, wo getrennt anschauen? Am Ende haben wir ein parametrisiertes Modell. Wir wissen die Einflussfaktoren auf die THG-Bilanz und können diese Werte auf konkrete Parameter beziehen. Also wie in dem Beispiel auch die THG-Emissionen für vierlagige Leiterplatten mit einem bestimmten Oberflächenfinish in einem bestimmten Format errechnen.

Endverbraucher interessieren sich nicht so detailliert für alle Daten, aber durchaus auch. Ein Beispiel: Durch den Einbau einer neuen Baugruppe in eine kaputte Waschmaschine werden 10 kg CO2 verursacht, dafür aber die gesamte Waschmaschine am Leben gehalten. Wenn man weiß, dass eine neue Waschmaschine deutlich über 300kg CO2 in der Produktion verursacht, wird klar, dass sich die Reparatur aus Umweltsicht allemal lohnt.

Welche Rolle spielt AfB im Projekt?

AfB hat Erfahrung in diesem Feld, denn ihr weist IT-Partnern aus, welche konkreten Einsparungen hinsichtlich Treibhausgasen und Ressourcen durch die Wiederaufbereitung und Weitervermarktung der IT im Vergleich zur Neuproduktion erreicht werden wird. Unternehmen haben ein Interesse, das in ihrer Umweltbilanz abzubilden, wissen aber nicht immer wie. AfB weiß, was die Unternehmen brauchen. Und für uns wird es langfristig darum gehen, die entsprechende Hilfeleistung zu bieten.

Wie ist der Stand von scope3transparent nach einem Jahr?

Im Moment befinden wir uns noch in der Datenerhebung. Darauf aufbauend wird an Datenbanken gearbeitet. Unsere Pilotunternehmen gehen als Pioniere voran, sodass weitere Unternehmen nach deren Vorbild die benötigten Daten erheben können.

Was wollt ihr bis zum Abschluss des Projektes erreicht haben?

Das Projekt besteht im Grunde aus drei Schritten: Daten erheben, Maßnahmen ableiten, Maßnahmen umsetzen.

Am Ende wollen wir herausgefunden haben, an welchen Schrauben gedreht werden kann. Wir haben das Ziel, dass aus den Ergebnissen entsprechende Maßnahmen seitens der Lieferanten abgeleitet und Prozesse letztlich optimiert werden.

 

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